Ich bin davon überzeugt: Wenn wir uns selbst enthusiastisch lieben können – und zwar so, wie wir gerade sind, werden alle Methoden, die wir für unsere Gesundheit anwenden, inneres Glück zum Ausdruck bringen und davon getragen sein.

Lesedauer: 4 Minuten

Als Barry und Suzi Kaufman 1973 ihr drittes Kind Raun bekommen hatten, waren sie, ebenso wie ihre beiden Töchter, voller Freude über den Familienzuwachs. Nach einer dramatischen Mittelohrentzündung und mehreren schweren Operationen versank der kleine Raun jedoch in seine eigene Welt. Bereits mit 12 Monaten zeigte er alle Symptome eines schweren Autismus. Er reagierte auf keine Form von Kontaktversuch, schwankte stundenlang sitzend mit dem Oberkörper hin und her und führte Tausende Male seine Finger zu seinen Lippen. Auch als er zwei Jahre alt war, hatte sich nichts an seinem Zustand geändert, er sprach nicht und reagierte nach wie vor nicht auf Versuche der Kontaktaufnahme.

Zur damaligen Zeit waren die Behandlungsmethoden für Autismus wahrlich barbarisch: Die Verabreichung von Anti-Psychotika, Festbinden auf dem Stuhl, um die Eigenbewegungen zu unterbinden, sogar Elektroschock-Behandlungen wurden Barry und Suzi Kaufman von Ärzten vorgeschlagen. All dies jedoch ohne jede Aussicht auf Heilung. Alle Ärzte, die die verzweifelten Eltern aufsuchten, waren sich absolut sicher, dass der kleine Raun nie sprechen oder sozial normal agieren würde.

Pures Verständnis. Reines Vertrauen. Grenzenlose Liebe

Barry und Suzi Kaufman lehnten die Behandlungsmethoden der Ärzte ab und begaben sich auf völliges Neuland. Sie hinterfragten ihre eigene Einstellung, die sie glauben ließ, ihr Sohn müsse sich ändern, weil er kein lebenswertes Leben habe. Sie drangen tief ein in ihre inneren Haltungen und Überzeugungen, nach denen ein Kind oder ein Mensch bestimmte Fähigkeiten haben sollte, um ein lebenswertes Leben zu haben. Dies erforderte eine Weile lang konstante Disziplin in der Selbstreflexion. Gleichzeitig begegneten sie Raun anders als bisher. Sie sagten sich: „Wenn er nicht in unsere Welt kommen kann, gehen wir einfach in seine.“ Also setzten sie sich zu Raun, und wenn er stundenlag mit dem Oberkörper schaukelte, schaukelten sie mit ihm. Wenn er unzählige Male seine Lippen berührte, taten sie das Gleiche. Ihre Töchter waren von dieser neuen Art, ihrem kleinen Bruder zu begegnen, so begeistert, dass sie ebenfalls mitmachten. Die Ärzte allerdings waren entsetzt, weil sie glaubten, dass so das „krankhafte“ Verhalten des kleinen Jungen verstärkt würde. Aber Rauns Eltern und Schwestern verabschiedeten sich von der Vorstellung, Raun sei krank, falsch, bemitleidenswert. Sie zelebrierten Rauns Leben so, wie es war, und sahen seine Schönheit.

Schon acht Monate später war Raun auf einem für ein Kind seines Alters völlig normalen Entwicklungsstand. Ein weiteres Jahr später war er seinen Altersgenossen sogar in sprachlicher, motorischer und sozialer Entwicklung deutlich voraus.

Nicht Wollen. Und Alles erreichen

Aber der entscheidende Punkt an dieser wundersamen Heilung eines Kindes, das alle Experten als unfähig eingestuft hatten, jemals sprechen zu lernen, war, dass seine Eltern und Schwestern ihn nicht heilen wollten. Sie hätten ihn weiter mit dem gleichen Enthusiasmus geliebt, wenn er den Rest seines Lebens in seiner Welt versunken geblieben wäre.

Wenn wir uns selbst enthusiastisch lieben können, wie wir gerade sind, werden alle Methoden, die wir für unsere Gesundheit anwenden, inneres Glück zum Ausdruck bringen und davon getragen sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass Methoden auf diesem Fundament sehr gut greifen, ist sehr groß. Wenn wir dagegen unser Leben, unseren Körper, unsere Gesundheit von einer inneren Haltung aus erleben, die besagt, dass es immer etwas zu reparieren gibt, werden auch die besten gesundheitlichen Methoden von einer erlernten Art des Unglücklich-Seins getragen sein.

In Seminaren versuche ich immer, Teilnehmer dazu zu inspirieren, die Dinge die sie im Seminar lernen, aus Spaß anzuwenden und ohne ein Ziel zu verfolgen. Wenn Teilnehmer in einem Lernseminar in ein Lernen hineinfinden, das sie einfach begeistert und stimuliert, und sie sich über ihre Lernleistung keine Gedanken mehr machen, geschehen von allein Quantensprünge in der Lernleistung. Warum? Weil solches Lernen, ohne ein Ziel erreichen zu müssen, dem ganzen menschlichen Wesen suggeriert, dass es in Ordnung ist, wie es ist, und es sich das In-Ordnung-Sein nicht durch Leistung verdienen muss.

Hochwertige Nahrung und Nahrungsergänzungsmittel können dann vom Körper wirklich gut verwertet werden, wenn wir keinerlei Ansprüche an uns selbst stellen, uns gesund ernähren zu „müssen“, um einem wie auch immer gearteten Ideal zu entsprechen. Übungen für unseren Körper und unsere Lebensenergie werden dann die schönsten Früchte tragen, wenn wir unser Übungsprogramm ohne jedes schlechte Gewissen ausfallen lassen könnten und uns genauso enthusiastisch lieben und unser Leben feiern könnten.

Liebe heißt, mit dem glücklich zu sein, was ist. Glück ist unsere innere Natur, unser Sein an sich.

Von Parmenides Glück des reinen Daseins über die sokratische Eudaimonie und die Advaita-Lehre vom bewusst-glückseligen Sein ohne Ursache bis zur modernen wissenschaftlichen Glücksforschung: Wir haben als Menschen einen reichen Fundus an Erkenntnissen darüber, dass Glück einfach aus sich selbst heraus da ist. Die erlernte Art, unglücklich zu sein, besteht darin, in bestimmten Umständen des Lebens Ursachen für die Abwesenheit von Glück zu sehen, und das ist gleichbedeutend mit der Unfähigkeit, diese Umstände authentisch zu lieben. Wenn wir die inneren Einstellungen, die in diesem Muster stecken, infrage stellen ohne einen neuen Anspruch, glücklich sein zu sollen, können sich interessante neue Möglichkeiten eröffnen.

Bild: Photo by Simon Migaj on Unsplash

Schreibe einen Kommentar