Wir tragen fast ununterbrochen Textilien auf unserer Haut. Die Haut ist das Organ, das essenziell ist für den Kontakt mit der Umwelt. Manche Substanzen wirken, auf die Haut aufgetragen, sogar schneller und effektiver in unserem Organismus, als wenn wir sie oral einnehmen würden, wie man an Anwendung mancher Heilsalben und Ergänzungsmittel wie Magnesiumöl unschwer sieht.

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In den vergangenen Jahren ist das Bewusstsein für eine gesunde und umweltverträgliche Ernährung mit biologisch erzeugten Lebensmitteln deutlich gestiegen ist, doch der Stellenwert, den Bio-Kleidung im Bereich unserer Gesundheit einnimmt, bleibt bislang wenig beachtet, obwohl wir eigentlich unentwegt in Kleidung eingehüllt sind. Dabei ist die Wirkung der Kleidung, die wir tragen, sowohl auf unsere individuelle Gesundheit als auch auf die Umwelt nicht geringer einzuschätzen als die der Lebensmittel auf unserem Teller. Hier ein paar Fakten, die das verdeutlichen:

  • Synthetische Kleidung (Fleece, Nylon, Goretex etc.) ist eine Hauptursache für die Anhäufung von Mikroplastik in den Meeren. Beim Waschen in der Waschmaschine werden aus einer Fleece-Jacke mehrere Tausend Partikel Mikroplastik herausgewaschen, die dann in Kläranlagen gelangen, wo sie nicht herausgefiltert werden können, bis sie schließlich in den Meeren landen.
  • Die Zusatzstoffe in synthetischer Kleidung gehören zu den wirkungsvollsten sog. „endokrinen Disruptoren“ – das sind Stoffe, die unser Hormonsystem stören.
  • 24 Prozent des weltweiten Verbrauchs an Pestiziden werden beim Anbau von Baumwolle eingesetzt. (Konventionell angebaute Erdnüsse zählen teilweise zu den am stärksten mit Pestiziden belasteten Lebensmitteln, einfach weil sie oft neben Baumwolle angepflanzt werden.)
  • Laut Schätzungen der WHO sterben jährlich 20.000 Menschen an einer akuten Pestizidvergiftung infolge ihrer Arbeit in Baumwollplantagen oder in Fabriken, die konventionelle Baumwolle verarbeiten.
  • Für die Herstellung einer konventionellen Jeans werden 1,8 Kilo toxische Chemikalien eingesetzt.
  • In der Umgebung von Fabriken, die konventionelle Baumwollkleidung herstellen, liegen die Belastungen der Gewässer und des Bodens mit Kadmium, Chrom und anderen Chemikalien oftmals mehr als 100-fach über den Grenzwerten.
  • Einer der ungesündesten Berufe der Welt ist der des Sandblasters. Arbeiter, die mit Sandblasting konventionellen Jeans ihren typischen Used-Look verleihen, sind im Durchschnitt mit 30 Jahren aufgrund von Lungenerkrankungen invalide.

Bestes Demeter-Gemüse kaufen, Wildkräuter sammeln oder Sprossen ziehen und dabei konventionelle Baumwolle oder Synthetik zu tragen – das passt meiner Ansicht nach nicht zusammen.

Bio-Kleidung in der Praxis

Nun mögen Sie einwenden, dass es noch kein annähernd so großes Angebot an Kleidung aus biologisch angebauten Materialien gibt, wie das bei Lebensmitteln der Fall ist, und dass Baumwolle, Hanf und Leinen in Bio-Qualität außerdem natürlich teurer sind als die billig produzierten Synthetikprodukte oder konventionelle Baumwollkleidung. Und das ist wahr, doch Sie müssen Ihren Kleiderschrank ja nicht gleich komplett ausmisten und alles durch Bio-Ware ersetzen. Kleine Schritte können im Laufe der Zeit viel bewirken. Ich trage weiterhin Kleidungsstücke aus früheren Zeiten, in denen ich mir der Folgen konventioneller Kleidung noch nicht ganz bewusst war (und das Angebot an Alternativen wirklich noch begrenzter war). Aber wenn ich heutzutage neue Kleidungsstücke brauche, finde ich meistens eine Möglichkeit, etwas aus Bio-Baumwolle oder einem anderen Material wie Hanf in Bio-Qualität zu bekommen.

Wie erkenne ich Bio-Kleidung?

Das Label GOTS (Global Organic Textile Standard) erfüllt sehr hohe Kriterien in der biologischen Erzeugung aller Bestandteile und sämtlicher Arbeitsschritte bei der Herstellung eines Bio-Kleidungsstücks. Auch soziale Kriterien in Bezug auf Bezahlung und Arbeitsbedingungen unterliegen beim GOTS-Label einer strengen Kontrolle.

Das weitverbreitete Label Öko-tex hingegen ist weniger sicher, wenn Sie ein wirklich ökologisch einwandfrei erzeugtes Produkt kaufen wollen. So ist es z.B. möglich, dass ein Produkt aus 100 Prozent Polyester das Öko-tex-Label bekommt. Schadstoffprüfungen werden für Öko-tex nur am fertigen Produkt durchgeführt, nicht bei den verschiedenen Arbeitsschritten, die ja in der Textilindustrie manchmal verheerende Auswirkungen auf die Umwelt haben. So können viel Chrom und andere giftige Stoffe bei der Jeansherstellung in den Fluss neben der Fabrik gespült werden und die fertige Jeans enthält keine Giftstoffe mehr in bedenklicher Menge.

Fazit: Im Zweifelsfall fragen Sie ruhig beim Hersteller direkt nach, welche Kriterien und welche Prüfungen bei seinen Produkten Anwendung finden.

Mehr Zufriedenheit durch Einfachheit

Natürlich führt der höhere Preis der Bio-Produkte dazu, dass ich weniger einkaufe, und das ist wahrscheinlich auch gut so. Bewusster Konsum in der heutigen Zeit ist sicher auch häufig mit „Mäßigung“ verbunden. Wir haben uns generell an eine Form von Überfluss gewöhnt, die weder der Umwelt noch der persönlichen Zufriedenheit zugutekommt. Der Luxus von gestern wird leicht zur Notwendigkeit von heute.

Dabei zeigen viele empirische Erhebungen, wie das bereits in den 1980er Jahren von Duane Elgin gestartete Voluntary Simplicity-Projekt, dass Menschen deutlich zufriedener sind, wenn sie wirklich spüren können, dass ein Bedürfnis erfüllt wird. Und das ist sicherlich nicht der Fall, wenn man von einer inneren Unruhe getrieben ist, die nach immer mehr verlangt. Einfachheit ist ein Schlüssel zu nachhaltiger Zufriedenheit!

Wenn ich Kleidung trage, von der ich weiß, dass sie so nachhaltig wie möglich produziert wurde, einschließlich guter Arbeitsbedingungen für die Menschen, die sie freundlicherweise für mich hergestellt haben, kann ich mich auch an einem kleinen Sortiment solcher Kleidungsstücke erfreuen. Unsere Sinne werden generell wieder schärfer und genussfähiger, wenn wir durch weniger aber qualitativ besseren Konsum tatsächliche Bedürfnisse decken, anstatt Gier zu entwickeln. Ich kenne Gier sehr gut, sie ist zutiefst menschlich, und wenn es einen Menschen auf dieser Welt gibt, der dieses Gefühl nicht kennt, so bin ich ihm noch nicht begegnet.

Aber ich denke, wenn es einen Punkt gibt, an dem wir, um Gandhi zu zitieren, „die Veränderung sein sollten, die wir in der Welt sehen wollen“, dann ist es sicherlich der, an dem wir uns von der Gier befreien und in stille Zufriedenheit hinein entspannen.

Bewusst Kleidung zu wählen ist ein gutes Übungsfeld dafür. Dabei können wir uns unsere menschlichen Schwächen, unsere Eitelkeiten und Bequemlichkeit, verzeihen. Auch wenn wir nicht mit absoluter Konsequenz vorgehen, weil unsere menschliche Natur mit allem Möglichen aufwartet, um sich gegen Veränderungen zu wehren, können wir wohl kleine Schritte tun. Wie wäre es also damit, dass Sie für jedes altersschwache Kleidungsstück, das Sie ausmisten, eines in Bio-Qualität nachkaufen? So wird sich Ihr Kleiderschrank nach und nach mit Bio-Kleidung füllen … Und das tun Sie für Ihre Gesundheit und unsere Umwelt!

Bild: Photo by Lauren Fleischmann on Unsplash

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