In den 1990er Jahren kündigten optimistische Genforscher an, dass die Entschlüsselung des menschlichen Genoms eine medizinische Revolution nach sich ziehen würde, durch die Krebs, Alzheimer, Drogensucht, kriminelles Verhalten und fast alle anderen menschlichen Probleme effektiv behandelt werden könnten. Die Realität allerdings sieht anders aus.
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Das menschliche Genom wurde entschlüsselt und nichts passierte. Es gibt bis heute keine Anwendung einer Gentherapie im gesamten Spektrum der Medizin. Die grundlegende Prämisse, man könne durch eine statistische Aufschlüsselung von Basenpaaren in der DNA menschliche Prägungen verstehen, war schlichtweg falsch, denn die menschliche Übertragung und Prägung von Erbgut ist eine so komplexe Angelegenheit, dass sie nicht in simplen Kategorien zu verstehen ist. Seit einiger Zeit erleben wir einen neuen Hype um die Gehirnforschung, die zu Beginn der 2000er Jahre mit ganz ähnlichen Versprechungen angetreten ist, wie einst die Genforschung.
Zak Lynch, Leiter eines weltweit operierenden Dachverbands der „Neuroscience“ spricht da mal ganz bescheiden vom Neuro-Zeitalter und der Neuro-Gesellschaft, in der schon bald alle wesentlichen Lebensbereiche durch Erkenntnisse der Gehirnforschung gestaltet werden.
High-Tech-Quacksalberei
Auf welcher Basis wird eine solche Vision erschaffen? Sicher haben seriöse wissenschaftliche Forschungen viele Erkenntnisse über neurologische Erkrankungen geliefert und gerade die seriöse Grundlagenforschung findet oftmals ohne große öffentliche Aufmerksamkeit und ohne Hype statt. Aber die grandiosen Ideen der Gehirnforschung, die unsere Welt überall mit dem Präfix „Neuro“ versehen will, ist eine High-Tech-Quacksalberei. Hier wird mit Methoden wie der fMRT (funktionalen Magnetresonanz Tomographie) gearbeitet, die kaum den Unterschied zwischen einem toten und einem lebenden Gehirn ermitteln können, aber Fragen der menschlichen Moral, von Liebe und Hass und Wünschen und Entscheidungen klären soll.
Menschen werden in ein MRT-Gerät gelegt, schauen sich Bilder an und die dabei produzierten MRT-Bilder sollen erklären, welche Gehirnregion aktiver wird und dann wird geschlussfolgert, welche Gehirnregion bestimmte Gedanken und Gefühle erzeugt.
MRT-Bilder lassen keine Schlussfolgerungen zu Gedanken und Gefühlen zu
2009 präsentierte Craig Bennett mit seinen Kollegen einen solchen Versuch, bei dem ein Gehirn die üblichen Muster erhöhter und verringerte Aktivität in unterschiedlichen Regionen zeigte, als im MRT bestimmte Bilder gezeigt wurden. Die in diesem Versuch auftretenden Muster der Signalverteilung ließen sich zunächst nicht von denen bei anderen MRT-Messungen unterscheiden. Der Clou an der Sache war nun, dass es sich bei der „Versuchsperson“ um einen toten Atlantik – Lachs handelte. Ein MRT-Gerät misst mitnichten Gehirnfunktionen, sondern wertet elektromagnetische Signale aus, die Protonen durch die Erregung des extrem starken Magnetfeldes abgeben, diese Signale werden dann mathematisch hochgerechnet in eine Bildgestaltung. Man könnte auch einen Stuhl auf diese Weise magnetisch zur Emission elektromagnetischer Signale bringen und sich Gedanken über das Gefühlsleben des Stuhls machen.
Körperliches Leben ist von einer derart komplexen Intelligenz durchdrungen, dass es sicher interessant ist und auch Erkenntnisse erbringt, die Wirkungsweise dieser Intelligenz zu erforschen. Doch wir werden niemals durch eine Summe von Einzelinformationen die Natur dieser Intelligenz an sich verstehen. Wenn ein reduktionistisches Bild vom Leben erzeugt wird, entstehen meistens auch überzogene Ideen darüber, wie man Krankheiten heilen oder Gesundheit optimieren kann.
Auch im Bereich der Ernährung kann man oftmals einen reduktionistischen Ansatz erkennen, auch in den alternativen Ernährungssystemen, die dann leicht in eine komplizierte Ansammlung von in der Praxi schlecht überprüften Maßnahmen ausarten, die in vielen Fällen wenig gesundheitlichen Wert haben.
Bild: Hal Gatewood on Unsplash