Im Folgenden möchte ich meine Sichtweise zur ketogenen Ernährung erläutern. Dabei geht es nicht nur um deren Ursprünge und Wirksamkeit, sondern auch um die Möglichkeit sie stressfrei ins Hier und Heute zu übertragen – bei voller Ausnutzung ihrer positiven Wirkungen! Lesedauer: 4 Minuten In letzter Zeit werde ich immer wieder gefragt, was ich von ketogener Ernährung halte. Der Heilungserfolg, den Dr. Mary Newport bei ihrem an Alzheimer erkrankten Mann mit ketogener Ernährung erzielte, hat dieser Ernährungsform einen neuen Schub an Popularität gegeben. Wie bei vielen Erkenntnissen im Ernährungsbereich würdige ich das Wissen, das hinter der ketogenen Ernährung steckt … und bin gleichzeitig der Ansicht, dass dieses Konzept nicht ganz vollständig ist.

Ketose verstehen

Neben Glukose und Fett kann der Körper sogenannte Ketone im Energiestoffwechsel verbrennen. Diese Stoffwechsellage nennt man Ketose. Ketone werden in der Leber aus Fettsäuren hergestellt, wobei gesättigte, mittelkettige Fettsäuren dafür die ideale Vorstufe darstellen. Bei manchen Erkrankungen, bei denen der normale Glukosestoffwechsel gestört ist, kommt es zu erheblichen Problemen im Gehirn, weil Gehirnzellen keine Fettsäuren verbrennen können.

Der Zusammenhang zwischen Alzheimer und einem gestörten Glukosestoffwechsel

Viele neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer oder Epilepsie gehen mit einem gestörten Glukosestoffwechsel im Gehirn einher. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts wurden in den USA große Erfolge bei Epilepsie-Patienten mit längeren Fastenkuren erzielt. Bei Kindern konnten Heilungsquoten von 90 Prozent auch bei schweren Formen der Epilepsie erreicht werden und bei erwachsenen Patienten wurde zumindest eine lange Zeit ohne epileptische Anfälle erreicht. Da aber langes Wasserfasten für Kinder im Wachstum problematisch ist, suchten Ärzte der renommierten Mayo-Klinik nach einer Möglichkeit, die heilsamen Wirkungen des Fastens in eine Ernährungsweise zu übertragen, die leichter durchführbar ist. So entstand 1921 durch Dr. Russell Wilder der Begriff der ketogenen Ernährung. Er vertrat die Ansicht, dass Fasten deshalb so heilsam auf neurologische Erkrankungen wirkt, weil es die Glykogenspeicher (Glykogen ist die Speicherform der Glukose) leert und den Körper in eine Ketose bringt. In der ketogenen Ernährung wird dieser Effekt nun dadurch dupliziert, dass 90 Prozent der Kalorien in Form von Fett zugeführt werden, 8 Prozent durch Eiweiß und nur 2 Prozent durch Kohlenhydrate.

Die klassische ketogene Ernährung

Das ist natürlich eine extrem fettreiche Ernährung, die mit drastischen Einschränkungen im Speiseplan einhergeht. Neben Zucker sind auch Getreide, Kartoffeln, fast alle Obstsorten, und Hülsenfrüchte tabu. Auch die Nahrungsmenge insgesamt ist eingeschränkt. Im Gegensatz zu Atkins-Diät, Paleo und anderen Ernährungsweisen, die sich auch auf das Thema Ketose beziehen und Kohlenhydrate reduzieren, ist die klassische ketogene Ernährung ziemlich spartanisch und auch Fleisch, Fisch und Eier dürfen eben nicht einfach in unbegrenzten Mengen gegessen werden. Um Ketose herzustellen, funktioniert diese Ernährung. Mit ketogener Ernährung lassen sich tatsächlich hervorragende Resultate bei Epilepsie und Alzheimer erzielen. Allerdings vertragen rund 20 Prozent der Menschen einen so hohen Fettgehalt nicht und können aufgrund von Übelkeit diese Ernährung nicht durchführen.

Die Fehler der klassischen ketogenen Ernährung

Ketose entsteht im Körper, wenn praktisch keine Glukose mehr vorhanden ist. In diesem Fall wandelt die Leber diverse Arten von Fettsäuren in Ketone um. Stehen aber mittelkettige gesättigte Fettsäuren in größerer Menge zu Verfügung, reicht schon ein niedriger Blutzuckerspiegel, wie er bei Hunger nach längerer Essenspause vorhanden ist, um eine leichte Ketose zu erzeugen. In der klassischen ketogenen Ernährung fehlen aus meiner Sicht zwei Komponenten:
  1. Es wird nicht zwischen verschiedenen Fettsäuren und ihrer Eignung als Vorstufe für die Ketonbildung unterschieden. In diesem Fall muss man Kohlenhydrate meiden wie der Leibhaftige das Weihwasser, weil mit weniger effektiven Fettsäuren als Vorstufe die Ketose sonst nicht so gut in Gang kommt.
  2. Es gibt keinen Mittelweg zwischen längerem Fasten und drei Mahlzeiten täglich. Auch dies macht es notwendig, Kohlenhydrate so strikt zu meiden und so einseitig viel Fett zu essen.

Die Lösung: Befreite Ernährung

Die Lösung aus meiner Sicht ist ganz einfach folgende: Wenn wir täglich eine längere Zeit des Hungers zulassen und in dieser Zeit körperlich und geistig aktiv sind, d.h. Blutzucker verbrauchen ohne Glukose nachzulegen, schaffen wir einen Anreiz für Ketose. Dieser ist zwar nicht so stark wirksam wie längeres Fasten, aber dafür findet er ja täglich statt. Wenn nun ein besonderer Bedarf an Ketose aufgrund einer Erkrankung wie Epilepsie oder Alzheimer vorliegt, sollte in dieser Hungerphase 1–2 mal Kokosöl pur gegessen werden. Auch für Menschen, die sich oft schlapp fühlen und ihren Energiestoffwechsel ankurbeln wollen, lohnt es sich, das mal zu probieren. Zugegeben, geschmacklich ist reines Kokosöl nicht der größte Hit, aber definitiv leichter durchführbar, als die klassische ketogene Ernährung. Mir schmeckt die Mischung von Kokosöl und Kokosmus im Verhältnis 1:1 gut und das sind so wenig Kohlenhydrate und so viel hervorragende mittelkettige gesättigte Fettsäuren, dass es auch funktioniert. Bei neurodegenerativen Erkrankungen kann mit einer längeren Hungerphase von 6–8 Stunden ohne Essen nach dem Aufstehen und mit 1- bis 2-maliger Zufuhr von Kokosöl in dieser Zeit so eine Stoffwechsellage hergestellt werden, die jeden Tag eine leichte Ketose induziert. Wenn eine Fastenkur durchführbar ist, ist das eine hervorragende Ergänzung. Sicher ist es wichtig, alle Formen von raffiniertem Zucker komplett zu meiden, aber auf Obst muss man bei dieser Variation der Befreiten Ernährung mit Ketose-Schwerpunkt nicht verzichten. Unter den Getreidesorten können Quinoa und Hafer in maßvollen Mengen verwendet werden und sollten mit reichlich Butter oder Kokosöl zubereitet werden. Details können auf der Basis der Hungerphasen mit Kokosöl sehr gut nach dem Körpergefühl gestaltet werden und ein akribisches Kalorienzählen ist nicht notwendig.

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